Wer den groĂ gewachsenen Rhamondre Stevenson aktuell auf dem Platz im Trikot der New England Patriots durch die gegnerischen Abwehrreihen gleiten sieht, der könnte ihn fĂŒr regelrecht unverwĂŒstlich halten. Allerdings war das nicht immer so.
Hier liest du, warum dieser bÀrenstarke Running Back als Teenager fast an seinem Talent verzweifelt wÀre.
Eine Kindheit voller Sport
In seiner Kindheit in Las Vegas, Nevada, hatte der junge Rhamondre eigentlich alles, was das Kinderherz höher schlagen lĂ€sst. Einzig die Schulnoten machten seinem groĂen Traum einen Strich durch die Rechnung. Zusammen mit seinen Freunden und sechs Geschwistern verbrachte Stevenson seine Zeit am liebsten drauĂen, spielte Basketball, fuhr Skateboard oder Dirt Bike und veranstaltete Rennen im Garten. Seine LieblingsbeschĂ€ftigung war jedoch Football.
Schon als kleiner Junge sorgte er mit seinem krĂ€ftigen Körperbau fĂŒr GesprĂ€chsstoff. Seine Mutter Juran erinnert sich in einem Interview mit der Tageszeitung The Boston Globe, dass einige Eltern sie bei Jugendspielen fragten, ob ihr Sohn vielleicht Gewichte stemmen wĂŒrde. Tat er aber nicht, er war einfach wie gemacht fĂŒrs Football spielen.
Je Ă€lter Stevenson wurde, desto mehr machte er sich einen Ruf als Top-Talent seiner Heimatstadt. Als Junior an der Centennial High School erzielte er in einer Saison 1.457 Rushing Yards und 19 Touchdowns und wurde von der Tageszeitung Las Vegas Sun zum Spieler des Jahres gekĂŒrt.
Supermarkt statt College Football
Allerdings erfĂŒllten Rhamondre Stevensons Schulnoten nicht die akademischen Anforderungen des College-Verbandes NCAA, weswegen er fĂŒr ein Stipendium nicht in Frage kam. Auch ein Ferienlager, in dem er neben dem Sport fĂŒr die Schule bĂŒffelte, verbesserten seine Noten nicht. Als er sich dann auch noch in seiner letzten High-School-Saison den FuĂ brach, schien der Football-Traum zerplatzt zu sein.
Anstatt nach dem Schulabschluss als Footballspieler am College den nĂ€chsten Karriere-Schritt zu machen, fing Stevenson an, in einem groĂen Supermarkt als Lagerist zu arbeiten und hinter der Theke eines Sandwich-Ladens Fast Food zu verkaufen.

Seine Eltern unterstĂŒtzten ihn bedingungslos
In dieser tristen Zeit ohne Football suchte Stevenson Rat bei seinem Freund Devan Burrell, der am kleinen Cerritos College in Norwalk, Kalifornien, Basketball spielte. Burrell vermittelte ihm den Kontakt zum dortigen Footballtrainer Dean Grosfeld, der nach nur zwei SpielzĂŒgen von Stevensons Football-Highlights Feuer und Flamme war.
Da sogenannte Junior Colleges wie das in Cerritos keine Sportstipendien anbieten dĂŒrfen, musste Stevensons Familie finanziell einspringen, um ihn zu unterstĂŒtzen, damit er dort Football spielen konnte. Seine Mutter nahm einen zweiten Krankenhaus-Job an und arbeitete neben ihrer typischen 40-Stunden-Woche zusĂ€tzlich drei Nachtschichten am Wochenende. Seine Eltern nahmen sogar einen Teil ihrer Renten-Ersparnisse, um den Football-Traum ihres Sohnes zu ermöglichen.

WĂ€hrend seiner Zeit in Cerritos, einer Kleinstadt in der NĂ€he von Los Angeles, wohnte der Running Back in einer Zweizimmerwohnung mit bis zu sechs anderen Jungs und schlief viele NĂ€chte auf dem Sofa. Zum Training radelte er jeden Tag 20 Minuten hin und zurĂŒck, denn sein Auto hĂ€tte die Ăberfahrt aus seiner Heimatstadt Las Vegas nicht geschafft.
"Wenn ich jetzt daran denke, war das einer der schönsten Abschnitte meines Lebens", so der heutige NFL-Star im Interview mit dem Boston Globe. "Aber es war sehr hart. Ich musste mental sehr zÀh sein, extrem zÀh, um das zwei Jahre lang durchzuhalten."
Flinke FĂŒĂe: Der groĂe Durchbruch am College
Nachdem sich Stevenson in seinem zweiten Jahr in Cerritos mit 2.111 Rushing Yards, 16 Touchdowns und einem Durchschnitt von 9,4 Yards pro Lauf ins Rampenlicht gröĂerer Colleges gespielt und nun endlich auch sein Notenproblem in den Griff bekommen hatte, wechselte er an die University of Oklahoma, wo sich der damalige Running Backs Coach Jay Boulware in das Talent des starken Runners (1,83 Meter und 112 Kilogramm) regelrecht verguckt hatte:
"Seine Highlights sprangen uns ins Auge", so Boulware im GesprĂ€ch mit dem Boston Globe. Er hatte die flinken FĂŒĂe, um zur Elite zu gehören und in der NFL zu spielen."
Nach einem Ăbergangsjahr als Kick Returner und Rotationsspieler legte Stevensons 2020 richtig los. In gerade einmal sechs Spielen sammelte er 665 Rushing Yards, 211 Receiving Yards und sieben Touchdowns.
Aber nicht nur seine Leistungen auf dem Feld waren top. Im FrĂŒhjahr 2020 schaffte er es dank seines guten Notendurchschnitts auf die akademische Ehrenliste seiner UniversitĂ€t. Nicht schlecht fĂŒr einen Jungen mit dĂŒrftigen High-School-Zeugnissen.
Vom NFL-Kandidaten zum NFL-Star
Obwohl er noch eine weitere Saison fĂŒr die Oklahoma Sooners hĂ€tte spielen können, entschied sich der Running Back fĂŒr den NFL Draft. 2021 musste er bis zur vierten Runde warten, bevor ihn die New England Patriots schlieĂlich auswĂ€hlten. Diesen Moment erlebte er zusammen mit seinen Eltern, seinen Geschwistern, Freunden und anderen Familienmitgliedern in Las Vegas.
"Er hat so viele Hindernisse ĂŒberwunden und nie aufgegeben", so seine Mutter gegenĂŒber dem Boston Globe. "Ich lĂ€chle von einem Ohr zum anderen, wenn ich an diesen Tag denke. Das ist etwas, das ich nie vergessen werde."

FĂŒr Stevenson, der in seiner zweiten Profisaison so richtig in der NFL angekommen ist, ist seine aktuelle Situation alles andere als normal: "Bis heute gehe ich zum Training und denke: 'Wow, ich bin in der NFL'", so der Patriots-Senkrechtstarter.
In den ersten acht Spielen der Saison 2022 ist der Running Back zweimal als Starter der New England Patriots aufgelaufen und hat mit starken Auftritten fĂŒr 558 Rushing Yards und vier Touchdowns gesorgt. ZusĂ€tzlich hat er schon 32 PĂ€sse fĂŒr 217 Yards gefangen und sich auf diese Weise in die Herzen der Patriots-Fans gespielt. Selbst der sonst so zurĂŒckhaltende Cheftrainer Bill Belichick findet nur lobende Worte:
"Er ist ein vielseitiger Running Back. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn."













